Maaßenstraße: Anwohner und Gewerbetreibende hinters Licht geführt

Bei der Sitzung des Präventionsrats im Schöneberger Norden wurden die Ergebnisse der verkehrstechnischen Untersuchung, die die Senatsverwaltung für Verkehr und Umwelt in Auftrag gegeben hatte, vorgestellt.

In dieser Untersuchung wurden die Verkehrsströme in der Begegnungszone Maaßenstraße vor und nach dem Umbau untersucht, um daraus abzuleiten, ob sich die Verkehrssituation mittlerweile verbessert hat. Die Bewegungen der Fußgänger, der Fahrradfahrer und der Autofahrer wurden videotechnisch erfasst und grafisch dargestellt. Der Vertreter des Senats bemängelte insbesondere die zahlreichen Verkehrsverstöße durch Radfahrer und Autofahrer. Laut Senatsverwaltung und Bezirk seien diese Verkehrsteilnehmer daran schuld, dass die Begegnungszone noch nicht wie gewollt funktioniere. Außer in Sachen optische Gestaltung gab es von Seiten des Senats und des Bezirks leider kein Einlenken dahingehend, dass das Konzept nach seiner Grundkonzeption falsch ist und im Alltag nicht funktionieren kann.

Ein sehr relevanter Aspekt der Diskussion war die Tatsache, dass es sich bei der Begegnungszone de facto gar nicht um eine Begegnungszone zum tatsächlichen Begegnen verschiedener Verkehrsteilnehmer (wie dies z.B. nach dem niederländischen oder schweizerischen Modell der Fall ist) handelt. Für die Sitzungsteilnehmer war es dementsprechend neu, dass Fahrradfahrer gar nicht im Aufenthaltsbereich sollen und schon gar nicht auf dem breiten Fußweg fahren dürfen. Nach allgemeiner Auffassung ist das Konzept einer Begegnungszone zwar ein Miteinander ohne Abgrenzungen der verschiedenen Verkehrsteilnehmer. In Schöneberg wurde dieses Konzept jedoch nicht umgesetzt, sondern die Abgrenzung schlicht beibehalten: Fußgänger auf dem Bürgersteig, KfZ und Fahrräder auf der Straße und dazwischen eine wenig genutzte Sitzgelegenheit.

Die „Studie“ zeigte vor allem eins: Bürgerinnen und Bürger werden außen vor gelassen. Obwohl die Umsetzung der Begegnungszone seit langem im Bezirk für einen Diskurs sorgt, wurde nach wie vor keine Befragung der Anwohner und Gewerbetreibenden durchgeführt. Die Studie befasst sich nicht damit, ob diese die Begegnungszone angenommen haben oder nicht. Sie befasst sich auch nicht mit dem Unbehagen der Bürger, das an diesem Abend ganz deutlich geäußert wurde. Sie befasst sich schließlich nicht mit dem, was die Bürger kritisieren (oder vereinzelt gut finden mögen). Sie befasst sich im Ergebnis nicht mit dem Willen der Menschen, die diese Straße täglich benutzen müssen.

Der Senat und das Bezirksamt lehnen auch weiterhin eine umfassende Befragung der Bürgerinnen und Bürger ab. Dies hat an diesem Abend die Bezirksstadträtin Christiane Heiß (Grüne) klar zum Ausdruck gebracht: „Ich bleibe bei meiner Meinung aus der BVV – ich lehne eine umfangreiche Bürgerbefragung ab.“ Lediglich eine „Ideen-Werkstatt“ soll veranstaltet werden. Dies steht aber im Widerspruch zum früheren Versprechen: Senat und Bezirk hatten zu Beginn des Projektes den Bürgerinnen und Bürgern zugesichert, dass eine spätere Evaluierung die Befragung der Anwohner und Gewerbetreibenden beinhalte.

Auf Rückfrage unseres Vorstandsmitglieds Sebastian Ahlefeld hat sich ein weiteres Versprechen als Luftnummer herausgestellt: Obwohl es 2014/2015 noch hieß, dass im Falle eines Scheiterns ein Rückbau stattfinden solle, stellte Frau Heiß nunmehr klar, dass ein Pilotprojekt bei seinem Scheitern nicht zurückgebaut werden könne. Ein Pilotprojekt sei schließlich dazu da, dass künftige Projekte besser gemacht werden könnten. Die Maaßenstraße bzw. die Nutzerinnen und Nutzer sind damit Versuchskaninchen für diese künftigen Projekte, auch wenn niemand mit der aktuellen Gestaltung zufrieden ist.  Die Meinung derjenigen Menschen, die tagtäglich mit dem gescheiterten Pilotprojekt leben müssen, wird schlicht ignoriert. Die Entscheidungsträger operieren nach dem Credo:  „Man wird sich schon daran gewöhnen.“